Well, well, well…
In meinem Glaubensprozess bin ich über die Jahre auf drei verschiedene Brunnen gestoßen und habe kürzlich gemerkt, dass sie sich auch mehr oder weniger zusammenbringen lassen und für mich ein ziemlich starkes inneres Bild darstellen. Dieses möchte ich gerne mit euch teilen.
Um es ein wenig ausführen zu können, mache ich am besten 3 einzelne Teile daraus.
Los geht es mit Brunnen Nr. 1:
Eigentlich hat das nicht so direkt mit dem Glauben zu tun, mir ist aber bewusst geworden, dass der Symbolgehalt sehr gut abbildet, was ich in den letzten ein zwei Jahren glaubensmäßig bewege und durchlebe. Auch aus anderen (zeitlichen und zwischenmenschlichen) Gründen ist diese Geschichte für mich mit meiner bisher längsten und prägendsten Glaubensphase, der ich gerade entwachse, unmittelbar verknüpft.
Bei meinem absoluten Lieblingskonsolenspiel (Zelda – The Ocarina of Time für Nintendo 64) gibt es eine Stelle in der Handlung, an welcher die Hauptfigur Link sich einem Brunnen stellen muss, um weiterzukommen.
Besser gesagt, sie muss sich dem Unbequemen stellen, das sie im Brunnen vorfindet – und wird im Laufe dieses Prozesses etwas wertvolles und nützliches erhalten, mit dem sie später noch weitere Tiefen gut meistern können wird.
Da es für mich sehr wertvoll ist, die spielerische Handlung szenisch zu verstehen, verknüpfe ich einzelne Aspekte mit Anmerkungen, wie ich die im Spiel vorgefundenen Metaphern für mich interpretieren und mir so etwas mitnehmen kann, das mir bei der Reflexion meiner eigenen Glaubensgeschichte hilfreich ist:

Als Erwachsener hat die Hauptfigur Link ein einschneidendes Erlebnis in einem Dorf, das mal recht idyllisch war. (Das bisher bekannte Glaubensleben? Die behütete christliche Landschaft..?) Er wird von einem Schattendämon angegriffen und beinahe getötet (einem mächtigen Monster, das schon sehr alt ist – im englischen heißt es evil shadow spirit- so könnte es im übertragenen Sinne für die Verdichtung uralter bzw früh gelernter destruktiver Überzeugungen, Gesinnungen und Mechanismen stehen, die plötzlich sichtbar bzw wirksam werden und das Leben zerstören), der aus dem Brunnen ausbricht und dann von einer ziemlich kompetenten Frau (Impa) einen Ort zugewiesen bekommt, wo er später in Ruhe schrittweise überwunden werden kann. (…= das Loslösen aus ungesunden und die Erarbeitung hilfreicherer Denk- und Handlungsmuster..?)
Für eine Zwischenphase, in welcher er das Auge der Wahrheit aus dem Brunnen bergen und dann damit zum Schattentempel gehen soll, wird Link von Shiek (zu dem sich Prinzessin Zelda zwischenzeitlich transformiert hat, wie Link erst später bemerkt) mit einem Lied und etwas Ermunterung aufgebaut.
(Ohne das Lied kommt er übrigens später nicht wirklich weiter, da es ihn tatsächlich an einen anderen Ort versetzen kann. Das erinnert mich an Menschen, die uns auf unserem Weg begegnen, die uns etwas mitgeben können, das wir als so wertvoll empfinden, dass wir nicht wüssten, wie wir sonst vom Fleck gekommen wären, ohne genau das, was uns diese Verbindung gegeben hat. Eine echte Ressource also).


Dafür wird dann auch unbedingt ein Gegenstand benötigt (d.h. eine spezielle Phase muss auch erstmal durchgestanden werden), welcher nur in diesem Brunnen zu finden ist – das Auge der Wahrheit.
(Man beachte – der selbe Raum, in dem das destruktive verortet wird, wird zu dem Hilfsmittel, durch welches genau diese destruktiven Kräfte überwunden und transformiert werden können und Ruhe einkehren kann).
Wer durch das Auge der Wahrheit hindurch sieht, hat eine andere Perspektive auf seine Umgebung – es wird deutlich, welche Dinge gar nicht wirklich da sind, die zuvor sichtbar waren.. und welche unsichtbaren Gefahren oder Ressourcen auch noch auffindbar sind, die vorher unsichtbar waren (für die man also „kein Auge hatte“). Man kann es also nutzen, um Situationen anders einzuschätzen und anders damit umgehen zu können. (Im übertragenen Sinne könnte es also z.B. für eine bestimmte Haltung stehen, mit der ein Mensch, womöglich auch kollektiver betrachtet, eine Gemeinschaft von Menschen, durchs Leben gehen kann, sobald sie entdeckt und entwickelt wird und man sie im Gepäck hat. Oder auch ein vertieftes Bewusstsein dafür, wo der Boden eben doch nicht wie angenommen trägt, wo Gefahren für die eigene gesunde Entwicklung bestehen und wo aber auch unentdecke Schätze und Ressourcen liegen können). Dem Wahrheitsbegriff widme ich mich lieber einmal ausführlicher an anderer Stelle… 😉

Ebenfalls spannend finde ich, dass es einen Hirnsauger (mit sogenannter Wächterfunktion, weil er einen eben davon fernhalten will, die Lupe, mit der man mehr sehen kann, ergreifen zu können) und einen gewissen (veränderbaren) Wasserstand gibt in diesem Brunnen, sowie etliche Wände, die nur optische Illusionen sind.
Das erinnert mich an eine Vermittlung davon, wie sich die Dinge verhalten (z.B. mit Gott, der Bibel und der Welt usw), die ich hier und heute unter Gehirnwäsche und Manipulation bzw Missbrauch einordne und von denen ich es endlich schaffe, mich mehr und mehr herauszulösen und frei davon zu werden. Die Hand im Gesicht, den eigenen Blick verdeckend, die individuelle Perspektive verneinend, stellt somit das Gegenteil zum Auge der Wahrheit, das man selbst in der Hand halten kann, sie ist das negierende, indoktrinierende ‚Deine Perspektive hat nur das zu sehen, was ich in der Hand habe‘.
In mir versinnbildlicht das den Ursprung der Sehnsucht nach eigenständigem GlaubensLeben. Danach, endlich alles religiöse ablegen und loswerden zu können, um mich mit dem zu umgeben, was Jeshua wirklich gemeint hatte. Es ist auch die Sehnsucht nach Freiheit davon, immer die Vorstellungen anderer vor Augen haben zu müssen (inklusive auch der eigenen, verinnerlichten).

Und dass einem manchmal das Wasser bis zum Halse stehen kann, Menschen untergehen oder aber Dinge bewältigen, indem sie den Wasserstand anzupassen schaffen, auch das hat ziemlich viel mit im System verankerten (bzw im eigenne Inneren abgebildeten) Rahmenbedingungen, Erwartungen und Ansichten zu tun. Manchmal ist das Herz so zugeschüttet mit engen Vorstellungen, wie Gott, die Welt und der Mensch einschließlich man selbst doch sein müssten, dass es daran förmlich ertrinkt und aus diesen hinabziehenden Vorstellungen nicht wieder aufzutauchen schafft.

Und schließlich sind da die von außen (bzw einer religiösen Obrigkeit/Richtung) auferlegten oder schon verinnerlichten und somit von einem selbst aufgetragenen Vorgaben, Richtlinien, Grenzen, Du-sollst- und Du-sollst-nicht- Sätze. Die Wände, die einem viele weiterführende Lebenswege versperren. Die Negierungen des eigenen Lebenswegs. Die vielen Da-geht-es-nicht-langs und So-machen-wir-Christen-das-nichtse. Die vielen Einschränkungen, Einengungen – oder, biblisch gesprochen- die Unterjochungen der Knechtschaft… in denen viele fromme Menschen leider ihr Leben verbringen. Oder die sie auch in eigentlich freiere Kontexte vielleicht mit hineinnehmen und diese dann gar nicht wirklich frei erlebt werden können… da die inneren Prozesse erstmal eine tiefergehende Umprogrammierung benötigen würden..

Die Methoden, um mit den vorgefundenen Schwierigkeiten am Grund des Brunnens umzugehen, bewegen sich zwischen militanter Gegenwehr mit Bomben und Schwert (einer klaren Kampfansage und dem bewussten Auflösen von Schrecken?), dem cleveren Lösen von Rätseln (manchmal ist es eben doch das gute alte rationale Nachdenken, das weiterhilft) sowie dem Spielen eines royalen Wiegenlieds (Entspannungsmethoden, Mediationsmusik, Innerer-Kind-Arbeit?).
Und dann ist noch bedeutsam, sich nicht mehr von sichtbaren Wänden den Weg zeigen zu lassen, sondern mutig Wege zu beschreiten, die hinter diesen liegen, die man zunächst mal nur erahnen und durch Versuch und Irrtum erkunden kann, später mit dem Auge der Wahrheit aber easy sehen kann. (Das ist für mich ein passendes Bild für das Aufgeben bisheriger Glaubenssätze und Überzeugungen.. Und damit auch dem Finden von neuen Überzeugungen, Haltungen und Perspektiven und dem Beschreiten anderer Wege.)
Interessant ist zudem, dass zuvor das ganze Wasser aus dem Brunnen gepumpt werden muss, indem Link in der Zeit zurückreist und als Kind in der Mühle über dem Brunnen die Hymne des Sturms spielt. (Manchmal muss erstmal alles raus… und erstmal eine große Erschütterung, ein großer Sturm und große Leere einkehren in die Idylle, von der man irgendwann mit voller Wucht gemerkt hat, dass sie trügerisch ist. Und manchmal kann das mit einem kindlichen Geist, einer Naivität, einem Entdecken von Autonomie („Trotzphase“ genannt) und dem Erkennen, dass man doch noch Dinge hat, aus denen man nie herausgewachsen ist, in denen man mündig werden darf, verbunden.. vieles hat sich eben doch in jungen Jahren eingeprägt und ist doch so lange schon gar nicht mehr dienlich..)

Für mich war es eine weiterbringende Erkenntnis, mich zu erinnern, wie oft ich das in dem Spiel durchgespielt hatte.. und wie ich es jetzt im echten Leben auch durchspielen „darf“ – bzw muss, um nicht daran zugrunde zu gehen, wie sich die Dinge so entwickelt haben. Ich möchte zu denen gehören, die nicht daran zugrunde gehen. Bzw um im Bild zu bleiben – die den Grund ergründen um dann mit einer neu gefundenen erweiterten Perspektive wieder hinaufklettern und zu neuen Abenteuern (ja, auch in hinter Friedhöfen liegenden Schattentempeln) aufbrechen zu können, an die ich mich dann wage. Und ich bin dankbar für jeden Schritt im Ungewissen, wo ich von Neu Entdecktem getragen werde.

„Geh hin, wo du nicht kannst, sieh, wo du siehest nicht; hör, wo nichts schallt und klingt, so bist du, wo Gott spricht.“ – Angelius Silesius
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